„Man sollte deutlich die Bedeutung von Tradition im Karneval herausstellen!"
27.10.2023 - Dirk Trampen ist seit 11 Jahren Kommandant der Prinzengarde der Stadt Aachen und beobachtet mit wachem Auge die Entwicklungen im Oecher Fastelovvend. Seine Einschätzungen zur Lage der närrischen Aachener Nation äußerte er im Gespräch mit Helmut Koch.
Nach zwei Jahren Pandemie - wo steht der Karneval heute? Während der Pandemie lief Karneval nur auf Sparflamme. Hat die Auszeit dem Karneval geschadet?
Dirk Trampen: „In der letzten Session habe ich bei der Begleitung des Prinzen festgestellt, dass leider nicht alle Plätze in den Sälen besetzt waren. Ich glaube daher, dass die Corona-Pandemie bei einigen Vereinen unweigerlich zu Einbrüchen in der Besucherzahl geführt hat. Ich hoffe, dass jetzt nach der Pandemie die Besucher wieder größerer Zahl zu den Veranstaltungen in der kommenden Session kommen.“
In Zeiten von Inflation sitzt der Euro nicht mehr so locker. Wie läuft der Kartenverkauf?
Dirk Trampen: „Wir, die Prinzengarde der Stadt Aachen, können uns nicht beklagen. Wir sind seit dem 20. Oktober mit 1374 Karten restlos ausverkauft. Trotz leicht erhöhter Preise ist dies in den letzten 20 Jahren, seit denen ich für den Kartenverkauf verantwortlich bin, noch nie vorgekommen, dass wir so früh ausverkauft waren. Dies ist natürlich wieder ein toller Erfolg. Angesichts der Inflation kann ich mir allerdings vorstellen, dass der Aachener Karnevalist sich gut überlegt, welche und wie viele Veranstaltungen er in der kommenden Session besucht.“
Wie haben sich die Kosten für das Eurogress entwickelt?
Dirk Trampen: „Die Kosten im Eurogress, wozu Bühnenbild, Licht und Ton und alle anderen Leistungen gehören, haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt.
Der AAK und die Karnevalisten aus Köln, Düsseldorf und Bonn hatten gegenüber der Landesregierung freiwillig auf die Durchführung von Veranstaltungen während der Pandemie verzichtet. Hatte die Prinzengarde auch unter finanziellen Verlusten zu klagen, weil das Land wegen der freiwilligen Absage von Veranstaltungen keine Entschädigungen zahlte?
Dirk Trampen: „Die Entscheidung fiel ja bei der Landesregierung in Düsseldorf, wo u.a. auch Frank Prömpeler als AAK-Präsident dem Ministerpräsidenten Wüst die Zusage gemacht hatte, freiwillig auf die Durchführung von Karnevalsveranstaltungen zu verzichten. Dies hat
dazu geführt, dass wir alle Verluste hatten. So waren die Orden schon in Auftrag gegeben und zum Teil waren auch schon Karten vorab verkauft. Bei der Entscheidung, ob abgesagt werden soll, wurden wir nicht mit einbezogen. Im Nachgang kann man nur sagen, dass die Firma Deiters mit der Durchführung mehrerer Karnevalssitzungen in Köln in der Session 2022 bei uns bei der Prinzengarde nur Kopfschütteln hervorgerufen hat, denn wir wurden zu einer freiwilligen Absage unserer Sitzung 'genötigt', während die Firma Deiters, als Nicht-Verein an keine freiwillige Absage Ihrer Veranstaltungen gebunden war."
Im Aachener Karneval sind einige Veränderungen bemerkbar. Die Stadtteilprinzen und Prinzessinnen treten zunehmend in den Vordergrund. Eilendorf, Haaren, Verlautenheide, Brand, Lichtenbusch, Richterich und der Aachener Prinz buhlen bereits im Sommer um die Gunst des Publikums. Wird das Amt des Aachener Prinzen inflationiert und verliert es dadurch an Bedeutung für den Karneval? Wer will da noch Prinz sein? Jeder macht sein Ding und wo bleibt da die vom Festausschuss Aachener Karneval (AAK) so viel beschworene Gemeinsamkeit?
Dirk Trampen: „Hier muss man sagen, dass eindeutig weniger mehr ist. Der AAK sollte ganz klar mit dafür sorgen, dass nicht der Karneval z.B. schon bei Sommerfesten im Sommer stattfindet, sondern dass der Karneval ab dem 11.11. beginnt. Vor allen Dingen sollte kein Konkurenzdenken zwischen Stadtteilprinzen und dem jeweiligen Aachener Karnevalsprinzen stattfinden. Hier sollte ganz klar der AAK in Absprache mit allenParteien die Richtlinie festliegen, welche Aufgaben, Kompetenzen und Verpflichtungen jeder ehrenamtliche Prinz im Aachener Karneval übernommen hat. Das karnevalistische Betätigungsfeld der Stadteilprinzen sehe ich im Wesentlichen in ihren jeweiligen Stadtteilen.“
Seit 1881 stellt in Aachen der Aachener Karnevalsverein (AKV) die Prinzen und ist Garant dafür, dass der Oecher Fastelovvend in jedem Jahr einen Prinzen hat. Diese Tradition scheint brüchig zu werden. Welche Rolle zur Wahrung von Tradition spielt in diesem Zusammenhang des AAK?
Dirk Trampen: „Man sollte deutlich die Bedeutung von Tradition im Karneval herausstellen. Gerade weil der Karneval dem Wandel unterzogen ist, wächst die Notwendigkeit, den jungen Leuten die Bedeutung der Tradition verständlich zu machen. Die Tradition des Karnevals ist von bedeutender Wichtigkeit, wenn wir sie verlieren, verlieren wir den Karneval. Dazu gehört auch, dass der AKV den Prinzen der Stadt Aachen stellt. Da erwarte ich vom AAK, dass gerade er als Wahrer der Tradition dies unterstützt.“
Start in die Session am 11.11. ist in den letzten Jahren zu einem beweglichen Fest geworden. Wenn er nicht zufällig auf ein Wochenende fällt, feiert man den Elften im Elften halt am 10. November oder am 12. November. Ist das ein Bruch der Tradition?
Dirk Trampen: „Ja, für mich ist dies ein Bruch der Tradition. Für mich startet die jeweilige neue Session am 11. im 11. um 11 Uhr 11. Auf Aachen bezogen kann ich ganz deutlich sagen, ohne einem Aachener Künstler zu nahe zu treten, dass der Festausschuss Aachener Karneval sich bewusst sein muss, dass der Karnevalsjeck, der Karneval feiern möchte, sich am 11.11. Urlaub nimmt und mit dem Zug nach Köln fährt und dort attraktiven Karneval erleben möchte. Das Programm, welches hier in Aachen geboten wird, lockt offenbar niemand so richtig hinter dem Ofen hervor, denn sonst würde ja so mancher Karnevalsjeck in Aachen bleiben. Vielleicht sollte man die Auftaktveranstaltung z.B. vor dem Hauptbahnhof mit einem tollen Programm eröffnen und so einige davon abhalten, nach Köln zu fahren. Im Ernst, hier ist der AAK gefragt, mindestens aus meiner Sicht zwei attraktive Nummern neben den Aachener Kräften ins Programm der Eröffnungsveranstaltung zu nehmen.“
Wie steht es um die Nachwuchsförderung im Bereich Jugendarbeit und Karnevalskünstler?
Dirk Trampen: „Die größeren Karnevalsvereine haben sich vor einiger Zeit zum Carnevals College zusammengeschlossen, um dort die Förderung von Talenten im Gesang oder im karnevalistischen Vortrag zu fördern. Gerd Simons, der Leiter des College, hatte natürlich auch in der Corona-Zeit unter den Beeinträchtigungen zu leiden. Es wäre notwendig, dass die Aachener Karnevalsvereine den Nachwuchskünstlern des College Gelegenheit zum Auftritt in Sitzungen böte. Diese Auftritte könnten vom AAK z.B. subventioniert werden und würden in doppelter Weise sowohl eine Förderung des Nachwuchses als auch einiger Karnevalsvereine bedeuten. Die Möglichkeit zum Auftritt ist von entscheidender Bedeutung für die Nachwuchskünstler.“
Vor einigen Jahren, noch unter der Präsidentschaft von Wilm Lürken, wurde das Mottolied eingeführt. In dieser Session gibt es eine Besonderheit. Ursprünglich sang das Mottolied ein Künstler oder eine Künstlerin, gesponsort vom AAK konnten die Vereine diese Künstler buchen. In dieser Session wird das Mottolied erstmals von einem Stadtteilprinzen gesungen. Wie ordnest Du dies ein?
Dirk Trampen: „Ich halte es grundsätzlich für sehr unglücklich, wenn ein Prinz oder ein Stadtteilprinz das Mottolied des AAK vorträgt. Erstens haben alle Tollitäten ihr eigenes Programm und eigentlich auch genug Auftritte im Karneval. Zu deiner sicherlich aktuellen Nachfrage zurückzukommen, denke ich, dass hier sehr viel Fingerspitzengefühl seitens des AAK in Persona Frank Prömpeler gefragt ist, denn aus meiner Sicht gehört der Auftakt im Aachener Rathaus am 11.11. ausschließlich dem Aachener Prinzen Thomas IV. Muckel. Es würde die Tradition auf den Kopf stellen, wenn nunmehr der Richtericher Stadtteilprinz vor dem Aachener Prinzen den Auftritt durch das Mottolied bestreiten würde. Wie gesagt, ich gehe fest davon aus, dass der Festausschuss das Mottolied per 'Stick' präsentieren."
Das Interview führte Helmut Koch!
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