Interview mit AKV-Präsident Wolfgang Hyrenbach

18.12.2022 - Wolfgang Hyrenbach, langjähriger Vize-Präsident des Aachener Karnevalsvereins (AKV), ist aktueller AKV-Präsident und folgte damit Dr. Werner Pfeil, der für eine weitere Amtsperi- ode nicht zur Verfügung stand. Helmut Koch (www.karnevalin aachen.de) und Gerd Simons (www.oche-alaaf.com) führten mit Wolfgang Hyrenbach im Oktober dieses Interview.

Wolfgang, seit wann bist Du Mitglied im AKV), seit wann bist du Elferrat und seit wann bist du AKV-Präsident?

Seit 2010 bin ich Mitglied im AKV, im gleichen Jahr wurde ich Elferrat und seit dem 30. August 2022 bin ich Präsident des Aachener Karnevalsvereins.

Warum bist Du im Aachener Karnevalsverein?

Ich habe mich seit vielen Jahren in verschiedenen Vereinen engagiert, auch im Aachener Heimattheater. Das Thema Karneval hat mich immer interessiert. Was mich am AKV besonders gereizt hat, ist der „Orden Wider den Tierischen Ernst“, der Anspruch, Karneval mit Politik zu verbinden und zu zeigen, dass Karneval auch eine ernsthafte Seite hat.

Bist Du auch in anderen Karnevalsvereinen Mitglied?

Ich bin auch Mitglied der Stadtwache Oecher Börjerwehr, der Stadtgarde Oecher Penn und der Prinzengarde der Stadt Aachen.

Was ist die Marke des Aachener Karnevalsvereins?

Der AKV ist der zweitälteste Karnevalsverein in Aachen. Er pflegt seit Jahren die Tradition des Karnevals und versucht diesen mit neuen Elementen zu verbinden. Der AKV vertritt mit seinem „Orden wider den tierischen Ernst“ Aachen bundesweit im Fernsehen. Er ist damit eine Marke für Aachen! Traditionell stellt der AKV den Prinzen der Stadt Aachen. Der Verein vertritt damit zwei Seiten des Karnevals, zum einen das traditionelle Element,  den Prinzen, und auf der anderen Seite den politischen Karneval mit dem Höhepunkt der Verleihung des „Orden wider den tierischen Ernst“, der seinen Ursprung auch in Aachen hat.

Unter dem Dach des AKV gibt es auch die Königstein-Stiftung, die das soziale Engage- ment des AKV vertritt, und die Sammlung Crous, eine stadthistorische Sammlung.

Mit der Königstein-Stiftung liefert der AKV einen Beitrag zum sozialen Engagement des Karnevals. Wir unterstützen Sozialeinrichtungen, Altenheime aber auch Einzelpersonen - hauptsächlich zur Weihnachtszeit. Die Stiftung betreibt dies konstant über die Jahre jenseits der Öffentlichkeit. Beeinträchtigt wurde dieses persönliche Engagement durch Kontaktbe- schränkungen in der Corona-Zeit. Im Rahmen der Flutopferhilfe haben wir uns als AKV auch zu Gunsten der Stadt Stolberg engagiert.

Der AKV wird oft geschmäht als ein Verein der Lackschuh-Karnevalisten. Nur wenig bekannt ist hingegen das soziale Engagement des Vereins. Wäre es da nicht sinnvoll, wenn dieses Engagement öffentlich bemerkt würde?

Unser Engagement im sozialen Bereich betreiben wir gerne. Da müssen wir aber keine große Nummer draus machen.

Zurück zur Sammlung. Die Sammlung Crous ist im alten Kurhaus untergebracht und der Weg zu den Schätzen aus Aachens Vergangenheit führt hinauf in die letzte Etage. Ist damit zu rechnen, dass die Sammlung Crous eines Tages in Räumlichkeiten unterge- bracht ist, die auch für ältere Benutzer barrierefrei erreichbar sind?

Dies ist in der Tat unser Ziel. Wir arbeiten seit Jahren daran, geeignete Räumlichkeiten für die Sammlung Crous zu finden. Wir sind überzeugt, dass die stadthistorische Sammlung auch Bedeutung für die Stadt Aachen hat und sind daher bestrebt, diese Sammlung für das Pub- likum besser erreichbar zu machen. Auf Wunsch der Stadt Aachen haben wir vor einigen Jahren auch das Münzkabinett der Stadt in die Sammlung integriert. Uns geht es darum, Räumlichkeiten zu haben, die es uns erlauben, Bestände im Rahmen von Ausstellungen zu präsentieren, aber auch die Räume zu nutzen für Vorträge und andere Formen der Präsen- tation. Dazu haben wir in der Vergangenheit mehrere Anläufe gemacht. Zum Beispiel mit dem Haus Löwenstein am Markt, was leider nicht realisiert werden konnte. Ebenso scheiterte die Idee der Unterbringung in der Barockfabrik. Zurzeit sind wir bemüht, im Erdgeschoss des alten Kurhaus die Sammlung unterzubringen. Dieses Projekt ist aber nur möglich mit entsprechender Unterstützung durch die Stadt Aachen.

Was ich noch gerne zur Sammlung Crous erwähnen möchte, sind das Buchprojekt und der Geschichtspreis. Beide liegen mir sehr am Herzen. Die jährlich herausgegeben Bücher werfen einen etwas anderen Blick auf die Stadt Aachen. Dies gilt auch für den Geschichtspreis, den wir gemeinsam mit der Aachener Hochschule vergeben.

Wie steht es mit der personellen Ausstattung der Sammlung Crous?

Dr. Werner Pfeil wird auf jeden Fall weiterhin für die Sammlung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind wir sehr froh, eine Reihe sehr engagierter Ehrenamtler zu haben, die diesen Schatz hervorragend pflegen.

Ist der „Orden wider den tierischen Ernst“, 1952 zum ersten Mal verliehen für „Humor und Menschlichkeit im Amt“, aus der Zeit geraten? Wurden in der Vergangenheit Politiker und Amtsträger ausgezeichnet, so gesellen sich in den letzten Jahren auch Schauspieler unter die Ordensritter. Wird es schwieriger geeignete Amtsträger*innen zu finden, die sich im Sinne des Ordens ausgezeichnet haben?

In gewissem Maße schon. Die Auszeichnung des ersten Ordensträgers, James Arthur Dugdale, hatte auch schon eine politische Komponente. Ich glaube, der rote Faden, an dem man sich bei der Wahl der Kandidaten orientieren muss, ist diese politische Komponente. Die Zeiten haben sich enorm verändert, es wird immer schwieriger, Politiker zu finden, etwa wie Wehner oder Strauß, mit einem gewissen Charisma, die sich trauen, etwas zu sagen. Aber gerade das mediale Interesse und auch die sozialen Medien führen zu immer vorsichtigeren Äußerungen der Politiker. Darunter leidet natürlich auch der Humor. Natürlich ist es daher heute auch schwieriger geworden Kandidaten zu finden.

Wie siehst Du denn die Zukunft des „Orden wider den tierischen Ernst“?

Naturgemäß kann man bei der Findung von Kandidaten geteilter Meinung sein. Ganz klar ist es unser Ziel, dass der Orden als unser Alleinstellungsmerkmal politisch ausgerichtet sein muss. Politisch ausgerichtet sein heißt aber nicht, dass es immer ein Politiker oder
eine Politikerin sein muss, sondern es geht um eine politische Aussage des Kandidaten.

Reden wir über den Verein. Wie sieht es mit dem karnevalistischen Nachwuchs beim AKV aus? Was ist mit Seiteneinsteigern? Und wie steht es mit der Frauenquote im AKV?

Die Ehrenhüte sind bei uns die jungen Männer ab dem 18. Lebensjahr. Sie kommen zum Teil aus dem Kinderkarneval und finden sich immer wieder selbst. Sie sind für uns wichtig mit Blick auf die Zukunft, in der sie vielleicht im Verein auch Verantwortung, beispielsweise als Elferräte oder Beiräte, übernehmen können. Im organisierten Karneval ist die Situation der Jugendlichen natürlich so, dass es nach dem Kinderkarneval für die heranwachsende Jugend so gut wie kein Angebot für die weitere karnevalistische Entwicklung gibt. Hier gibt es noch Handlungsbedarf bei den Vereinen, aber besonders auch beim Festausschuss Aachener Karneval (AAK). Hier scheint sich aber in Zukunft etwas zu entwickeln.

Ist der finanzielle Aspekt, ist der Beitrag, den der AKV erhebt, für die Ehrenhüte eine Hürde?

Der Beitrag für die Ehrenhüte ist keine Hürde, denn Ehrenhüte zahlen keine Aufnahmegebühr und nur die Hälfte des Jahresbeitrags.

Die Ehrenhüte sind Teil des AKV. Bedeutet das, dass nicht nur junge Männer, sondern auch junge Frauen Mitglied bei den Ehrenhüten werden könnten?

Männer wie Frauen können bei uns Mitglied werden. Das gilt für den Verein und damit auch für die Ehrenhüte. Aber es gibt keine Quote. Wenn es Frauen gibt, die sich im AKV enga- gieren wollen, sind Sie herzlich willkommen. Beim AKV-Kinderkarneval sind Frauen bereits seit Jahren ebenso engagiert wie im ACT-Team. An verschiedenen Stellen im Verein sind weibliche Mitglieder engagiert. Wir haben nach dem Tod von Dietmar Werner jetzt mit Sandra Braun eine Geschäftsstellenleiterin.

Wird es in absehbarer Zeit auch eine Elferrätin geben?

Das ist durchaus möglich und da muss man auch gegenüber den männlichen Mitgliedern dieses Gremiums ehrlich sein. Zum Elferrat werden auch zukünftig Mitglieder nicht ausgewählt, weil sie ein bestimmtes Geschlecht haben, sondern weil es in diesem Gremium verschiedene ehrenamtliche Aufgaben gibt, für die eine spezifische Eignung Voraussetzung ist. Im Gegensatz zu früheren Zeiten sind wir heute bestrebt, möglichst viel in Eigenleistung zu erbringen. Zum Beispiel benötigen wir Netzwerker, Moderatoren, Kompetenz im Bereich Social Media usw. Elferräte müssen die Bereitschaft mitbringen, zwischen 300 und 400 Stunden im Jahr ehrenamtliche Arbeit zu leisten und schließlich muss auch das menschliche Miteinander passen. Ich glaube es gibt Frauen, die diese Voraussetzungen erfüllen, jedoch im Gegensatz zu den Männern, die sich und ihre Kompetenz anbieten, noch zurückhaltend sind. Ich glaube aber, dass sich das in Zukunft entwickeln wird. Das Frauen Mitglied im AKV werden können, haben wir vor drei Jahren beschlossen, dazwischen liegen zwei Jahre Pandemie.

Wo steht der AKV in fünf Jahren?

Ich würde den AKV gerne da sehen, dass wir den „Orden wider den tierischen Ernst“ weiterhin etablieren. Wobei sich der Orden mit der Zeit auch verändern und möglicherweise etwas moderner wird. Die Veränderung ist natürlich nicht einfach, da wir im Ablauf fixe Bausteine haben. Wir wollen weiter im Fernsehen präsent sein, wobei man auch sehen muss, wohin sich auch die Medienlandschaft entwickelt. Ich denke aber, dass wir weiterhin die Zusammenarbeit mit der ARD und die gute Arbeit mit dem WDR fortsetzen können. Als Standbein sollte die Veranstaltung weiterhin eine politische Karnevalsveranstaltung sein und eine entsprechende Positionierung im Programm des Fernsehens erfahren, auch was die Quote betrifft, die ein ganz wichtiges Element für uns ist. Der Orden ist neben dem Karlspreis und dem CHIO ein Markenzeichen für die Stadt Aachen und wird bundesweit wahrgenommen. Die Übertragung stößt innerhalb Deutschlands auf sehr große Resonanz. Auch wirtschaftlich trägt der Erfolg der Ordensverleihung und der Übertragung im Fernsehen dazu bei, dass der AKV andere
Aufgaben, wie die Prinzenproklamation, die Sammlung Crous und das soziale Engagement des Vereins in der Königstein Stiftung, finanziell tragen kann. Beim Programm der Festsitzung müssen wir natürlich aufgrund der Übertragung des Fernsehens darauf achten, dass es in allen Regionen Deutschlands ankommt und verstanden wird. Die Aachener vermissen dann oft Aachener Flair. Da aber die Sitzung einige Tage später in voller Länge noch einmal im Dritten ausgestrahlt wird, kommen dann auch typische Aachener Elemente mehr zur Geltung. Da wir mit Aachener Künstlern und Interpreten mittlerweile nicht mehr üppig bestückt sind, wird es allerdings auch immer schwieriger, Aachener Kräfte für das Programm zu finden. Hier würde ich mir einen Turnaround sehr wünschen.

Der AKV ist einer der ältesten Aachener Karnevalsvereine und mit Sicherheit auch an der Zukunft des traditionellen Aachener Karnevals interessiert. Welche Erwartungen hat der AKV an den Dachverband, den Festausschuss Aachener Karneval (AAK), wenn es darum geht, den Karneval stark für die Zukunft zu machen?

Wir sind Aachener, wir sind ein Aachener Karnevalsverein und wir verstehen uns als Teil der Aachener Karnevalsfamilie und sind natürlich auch Mitglied des AAK. Für uns hat der AAK ganz klar die Funktion eines Dachverbandes. Der erste Aspekt des Dachverbandes ist seine Unter- stützung der Vereine bei ihren Aufgaben. Das Thema juristische Aspekte der Vereinsführung wie auch der Komplex der Verpflichtungen gegenüber der Künstlervertretung und der GEMA sind Bausteine, die der AAK um noch andere Themen erweitern könnte. Diese Service- leistungen ist das, was ein Dachverband auch leisten muss. Wichtig ist auch, die Jugendarbeit der Vereine zu intensivieren, zu unterstützen und diesbezüglich zur Zusammenarbeit der Vereine zu animieren. Was ich mir wünschen würde ist, dass wir die jährliche Karnevalser- öffnung am 11.11. zelebrieren und diesen traditionellen Termin nicht den Kölnern überlassen.

Noch eine Frage zum Schluss. Du erwähntest bereits, dass neben der Festsitzung auch die Proklamation des Karnevalsprinzen eine Domäne des AKV ist. Nun gibt es immer wieder Stimmen aus anderen Vereinen, die das Monopol auf den Narrenherrscher in Aachen infrage stellen.

Argumentativ wird immer wieder auf Köln verwiesen, wo das Dreigestirn aus verschiedenen Vereinen rekrutiert wird. Dies ist in Köln so Tradition. Den AKV gibt es seit 1859 und in Aachen ist es Tradition, dass der Prinz vom AKV gestellt wird – das ist seit dem 19. Jahr- hundert so, gehört zur DNA des AKV und steht nicht zur Disposition.


Vielen Dank Wolfgang Hyrenbach für dieses Interview mit „karnevalinaachen.de“ und „ochealaaf.com“



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