Guido Bettenhausen: Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovvend!

05.05.2020 - Guido Bettenhausen hat seinen Hut in den Ring geworfen. Der 55jährige wird Aachener Prinz Karneval in der Session 2021 und am 8. Januar 2021 proklamiert. Der selbständige Automobilkaufmann ist ein leidenschaftlicher Karnevalist, der seit 21 Jahren Mitglied bei der Prinzengarde der Stadt Aachen ist und 2003 Hofkutscher im Hofstaat von Prinz Marcus I. Quadflieg war.

Warum möchten Sie Prinz werden?

Prinz Guido I.: Ich bin Prinzengardist – seit vielen Jahren und mit Herz und Seele. Da erlebt man die Momente, die ein Prinz Karneval unserer Stadt hat, hautnah mit. Die emotionalen Höhepunkte, das Glücksgefühl mit den Menschen im Saal zu teilen und ein kleines neues Kapitel für die Geschichte unserer Stadt mitzuschreiben. Irgendwann war klar: Diese Emotionen wollte ich auch einmal spüren. Einmal Prinz zu sein ist und bleibt für einen Karnevalisten das Höchste. Und gerade in den letzten Jahren, bei einigen tollen Vorgängern, wurden hier hohe Maßstäbe gesetzt. Das ist auch ein Ansporn für mich.

Warum gerade in diesem Jahr?

Prinz Guido I.: Die Antwort ist schnell gegeben. Meine Garde feiert ihren 111. Geburtstag. Und auch wenn die Prinzengarde in jedem Jahr den Aachener Prinzen durch den Öcher Fastelovvend trägt, wird den Jungs in der Garde dies bei mir sicher nochmals ein Stückchen mehr an jecker Energie entlocken.

Corona: Eine „normale“ Session wird es 2021 nicht geben.

Prinz Guido I.: Sich von den vielen schönen Bildern im Kopf zu trennen, die man sich für die Session gemalt hatte, fällt überhaupt nicht leicht. Es brauchte seine Zeit, in der mir und den Jungs an meiner Seite klar wurde, wie sehr Corona und die damit einhergehende Unsicherheit in der Planung unsere Ideen für die Prinzenzeit und natürlich auch die Pläne der Prinzengarde durchkreuzt. Stück für Stück aber hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: Das, was wir uns für 2021 ausgedacht haben, geht so nicht. Aber wir wollten uns auch unserer Verantwortung für die Jecken in Aachen stellen und die Zusage an den Aachener Karnevalsverein (AKV) einhalten.

Stand für Sie auch die Absage zur Debatte?

Prinz Guido I.: Darüber habe ich natürlich nachgedacht. Wir haben unzählige Gespräche geführt. Mein Adjutant Marc Laube und ich im Besonderen. Aber natürlich auch mit den Jungs, die meinen Hofstaat bilden sollen, der Prinzengarde und dem AKV. Letzten Endes aber hat der Prinz als Identifikationsfigur eine Vorbildfunktion für alle Jecken unserer Kaiserstadt. Frohsinn, Lachen und Leichtigkeit - das brauchen wir alle gerade jetzt. Und irgendwann stand dann felsenfest: Wir machen das für die Öcher Jecken und werden Wege finden, mit den dann geltenden Corona-Rahmenbedingungen umzugehen.

Entweder hat man den Karneval im Herzen oder nicht. Und ich stehe zu meinen Zusagen. Für mich ist die Session 2021 auch eine Chance für alle Karnevalisten, alle Vereine und alle Jecken in Aachen noch enger zusammenzurücken. Ob mit Lackschuh, Turnschuh oder barfuß: „Mär zesame sönd vür Öcher Fastelovvend.“

Welche Auswirkungen wird Corona auf die Session haben?

Prinz Guido I.
: Wir müssen davon ausgehen, dass es den klassischen Saal-, Straßen- und Kneipenkarneval nicht geben wird. Bereits jetzt im Mai ist das klar und zwar unabhängig davon, wie sich die Corona-Pandemie in den kommenden Monaten und die mit ihr verbundenen Abstands- und Veranstaltungsauflagen entwickeln wird. Kein Veranstalter kann jetzt Verträge mit Künstlern unterschreiben, keine Prinzenproklamation geplant werden. Auch ein Rosenmontagszug, wie wir ihn kennen, ist schwer vorstellbar. Alle Vereine in Aachen und damit auch wir als Prinz und Hofstaat müssen heute so planen, als würden auch in acht und neun Monaten die gleichen Kontakt beschränkenden Auflagen gelten wie heute.

Wie reagieren Sie mit Ihrem Eurem Konzept darauf?

Prinz Guido I.
: Unser Konzept „Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovvend!“ wird sehr mobil und sehr digital sein müssen. Damit wir den Frohsinn zu den Menschen bringen können, werden wir mit einer fahrbaren Lösung arbeiten. Unser Regenbogen-Bus ist ein Doppeldecker, dessen Oberdeck zur mobilen Bühne werden kann. Wir können damit nah vor Häuser, Wohnheimen, Senioreneinrichtungen, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser fahren und direkt vor der Einrichtung unsere Lieder singen, ein wenig jecken Verzäll machen und den Menschen ein Lächeln durch die Mauern und Fenster senden. Einer meiner Jungs hat das Konzept lachend „39 kleine Rosenmontage“ statt eines großen genannt.

Digital spielen wir jeden Tag der Session mit den Möglichkeiten der sozialen Medien. Es wird ein Video-Tagebuch geben und wir werden darin versuchen, so viele Vereine des Festausschusses Aachener Karneval zu integrieren, wie nur irgend möglich.

Warum der Regenbogen?

Prinz Guido I.: Der Regenbogen hat sich in den letzten Wochen zu einem Symbol der Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie entwickelt. Und auf die Zeit danach. Wenn man durch die Straßen fährt, sieht man in den Fenstern unzählige von Kindern gemalte Regenbögen. Er ist auch ein Symbol für die Vielfalt des Karnevals, das Bunte, das Lebendige. Er nimmt alle Farben der Gesellschaften auf und sagt damit: Zusammen sind wir Karneval. Und gemeinsam gehen wir auch durch Corona durch.

Wie kam es zum Motto für die Session 2021?

Prinz Guido I.: Die Folgen der Corona-Pandemie stellen unsere Gesellschaft vor riesige Herausforderungen. Und keiner kann bei der dynamischen Entwicklung sagen, wie es in drei, sechs oder neun Monaten aussehen wird. Mit dieser Ungewissheit zu leben und positiv zu bleiben: Das schaffen wir alle nur gemeinsam. Karneval ist so etwas wie gefeierter Optimismus. Die Menschen fliehen für die jecken Tage aus dem Alltag und lassen die Sorgen hinter sich. Diese Idee des Karnevals wollen wir leben bzw. überleben lassen. Das geht aber auch nur dann, wenn alle zusammen mit uns diese besondere Session unter ihren besonderen Rahmenbedingungen und Regeln meistern. Denn so banal es klingt Karneval kann man nicht alleine feiern. „Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovend.!“

Wie stemmen Sie das organisatorisch?

Prinz Guido I.: Dass wir unter den besonderen Vorzeichen von Corona eine komplett neue Form von Prinzen-Zeit für 2021 erleben werden, lässt alle Beteiligten aus Vereinen, Elferrat und unserem Team sehr eng zusammenrücken. Es werden Wege gesucht und gefunden, wie eine Corona-Session 2021 zu bespielen sein könnte. Zu erleben, wie kreativ hier unter Druck gearbeitet wird, reißt mich mit – toll!

Wie geht Ihre Familie damit um?

Prinz Guido I.: Karneval haben wir Bettenhausens alle im Blut. Meine Frau und meine Kinder wissen, welchen Verrückten sie da am Küchentisch haben. Als die Idee der Corona-Session an diesem Küchentisch besprochen wurde, gab es aber schon einige offene Münder. Letzten Endes aber hat aber auch meine Familie gesagt: Mach es, weil es wichtig für die Menschen ist, dass es auch in diesem Jahr einen Prinzen gibt. Eine großartige Unterstützung für mich.

Wie bewältigen Sie die Session finanziell?

Prinz Guido I.: Die Finanzierung der Session ist immer eine große Aufgabe. Gerade aktuell, in denen verständlicherweise auch viele potenzielle Sponsoren wirtschaftlich schwierige Zeiten erleben. Wir werden die anstehende Corona-Session daher auch finanziell eng nähen müssen und ungewöhnliche Ideen haben, um dennoch für den guten Zweck zu sammeln. Zum Beispiel bei unseren Orden, die wir wegen ihrer besonderen Bedeutung für Karnevalisten natürlich machen wollen. Aber die werden dann eben nicht umgehängt, sondern online bestellt und zu den Jecken nach Hause geschickt.

Wie reagierte der Hofstaat auf die neue Session?

Prinz Guido I.: Ich habe den Jungs bei der Vorstellung der Ideen gesagt, dass ich für jeden, der hier absagt, Verständnis habe. Für jede Familie ist es eine Sondersituation, wenn Papa eine Session im Hofstaat feiert. Auch beruflich. Da müssen auch die Familien dahinterstehen. Dass nun sieben Jungs in diesem besonderen Jahr mitziehen, finde ich außergewöhnlich. Das freut mich riesig.

Mit dabei sind Marc Laube (Adjutant), Thomas Neunfinger (Mundschenk), Ralf Cleef (Hofkavalier), Ralf Villemont (Rittmeister), Tom Trälla (Schatzmeister), Frank Schmitt (Schmied) und Ralph Phlippen (Leibgardist).



Das Interview führte Bernd Steinbrecher.

 



Zurück zur Übersicht