Pratschjeck op Fastelovvend – Ausstellung eröffnet

08.11.2018 - Wenn im Öcher Fastelovvend die Jecken "Vür sönd allemole Öcher Jonge, weä jett well deä ka jo komme...", als ihre Nationalhymne lautstark schmettern, ist den wenigsten bekannt, dass die gesungene Geschichte auf historischem Ereignis fugt. Orden, Uniformen und Bewaffnung der närrischen Garden dienten im Rheinland und somit auch in Aachen dazu, das wenig geliebte fremde Militär, die französische Besatzung in der Franzosenzeit, zu schmähen.

Der Narr hat schon immer wenig Respekt vor der Obrigkeit gehabt und den Herrschenden gerne den Spiegel vorgehalten. In Aachen war es die im Jahr 1829 gegründete "Aachener Karnevals Florresei" die als erster Aachener Karnevalsverein gilt. Karneval ist aber mehr als ausgelassenes Treiben, rheinischer Karneval ist Kulturerbe.

Die heute eröffnete Ausstellung im Centre Charlemagne führt in 12 Etappen durch die Geschichte des Karnevals in Aachen. Im Mittelpunkt stehen Prinz Karneval und eine Aachener Besonderheit, der Märchenprinz. Verschiedene Exponate, Prinzenkostüme, Orden, Zepter lassen erkennen, dass der organisierte Karneval ursprünglich eine reine Männerangelegenheit war. In weiten Bereichen des Karnevals ist dies noch bis heute so. Tanzmariechen wurden ursprünglich mit männlichen Tänzern besetzt.

Unter den Nationalsozialisten wurde diese Tradition verboten, was endlich nach dem Krieg den Damen einen wichtigen Part im traditionellen Karneval sicherte, stellten sie doch fortan die Mariechen im Karneval. Karneval wandelt sich, was auch an den Kostümen zu erkennen ist. Muschelmann, Glöckchenaugust und Möhnen sind ganz oder teilweise verschwunden. Wer aufmerksam durch die Ausstellung geht wird hier und da an die gute alte Zeit des Karnevals erinnert.

Nicht erst seit es im Kölner Karnevalslied heißt "Drenk doch ene met...", hat der Karneval einen integrativen Aspekt. Er nivelliert soziale Unterschiede und bringt Menschen verschie- dener Herkunft zusammen. Toleranz wird im Karneval groß geschrieben und kristallisiert in dem Ausspruch "Jedder Jeck es angesch!"

Die Rolle der Frau im Karneval wandelt sich zusehends. Ob in der Bütt oder als erste Frau im Fastelovvend, im Kostüm der Prinzessin, die Frauen sind heute auch im Karneval angekom- men. Wie auch in Aachen. In der kommenden Session ist Edith Kravec seit 2 x 11 Jahren Präsidentin der KG Rübezahl Silesia.

In Aachen sind es die Koe Jonge Richterich, die in Sachen Integration Vorreiter ist. Balam I. ist nicht nur in Aachen sondern auch in Deutschland der erster dunkelhäutiger Karnevalsprinz. Sein Prinzenkostüm brachte bis es ins Haus der Geschichte. Manuela I. wurde 2013/2014 von den Koe Jonge Richterich zur Prinzessin gekürt und stand den bisherigen Prinzen in nichts nach. Karneval ist ein Identität stiftendes Element. Die Ausstellung will, nach dem Willen der Macher, Ausgangspunkt kultureller Identifikation und individueller Entwicklung in lokaler und euregionaler Hinsicht sein.

Über die Ausstellung und das Rahmenprogramm informiert ein zur Ausstellung erschienener Katalog. Kooperationspartner sind der Festausschuss Aachener Karneval, der Verband der Karnevalsvereine Aachener Grenzlandkreise und der Aachener Karnevalsverein. Kuratorin: Julia Samp.



(Text: Helmut Koch)



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